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Factoring: Was ist das eigentlich?

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Das Wort Factoring kommt vom lateinischen Wort „factura“, was Rechnung bedeutet. In Deutschland benutzen Unternehmen und Finanzinstitute auch die Begriffe Forderungsverkauf beziehungsweise Forderungsankauf. Die Bezeichnungen drücken aus, dass beim Factoring ein Unternehmen die offenen Rechnungen seiner Kunden an einen Factoringanbieter verkauft.
Es handelt sich um eine Umsatzfinanzierung, bei der die Verkäufer neben schneller Liquidität von weiteren Dienstleistungen des Factors profitieren können.

Wer ist am Factoring beteiligt?

Wenn ein Unternehmen offene Forderungen an ein Finanzinstitut verkaufen möchte, sind mehrere Parteien an der Umsatzfinanzierung beteiligt. Hier eine Erklärung der verschiedenen Bezeichnungen, die beim Factoring verwendet werden:

  1. Der Verkäufer der Ware oder Dienstleistung und damit der Aussteller der Rechnung wird als Kreditor bezeichnet.
  2. Der Kunde, der das Produkt kauft und um eine Rechnung mit Zahlungsziel bittet, um zu einem späteren Zeitpunkt zu bezahlen, ist der Debitor.
  3. Die Bank, das Finanzinstitut oder der Anbieter, der die offenen Forderungen ankauft, trägt die Bezeichnung Factor.
Offene Forderungen an ein Finanzinstitut verkaufen
Wenn ein Unternehmen offene Forderungen an ein Finanzinstitut verkaufen möchte, sind mehrere Parteien an der Umsatzfinanzierung beteiligt – Bild: © Vitalii Vodolazskyi #201913622 – stock.adobe.com

Wie läuft der Forderungsverkauf ab?

Zunächst wickeln Verkäufer und Käufer ein Handelsgeschäft ab. Die beiden Parteien schließen einen Vertrag über den Kauf einer Ware oder die Erbringung einer Dienstleistung ab. Der Käufer möchte das Produkt jedoch nicht sofort bei Erhalt bezahlen. Er fragt stattdessen nach einer Rechnung mit einem Zahlungsziel von 30–90 Tagen. Wenn es sich um einen Kunden im Ausland handelt, kann das gewünschte Zahlungsziel auch bis zu 120 Tage betragen.

Der Verkäufer liefert die Ware und stellt eine Rechnung aus.

Ein Exemplar der Ausgangsrechnung erhält der Käufer. Eine weitere Kopie lädt der Kreditor online im Portal des Factoringanbieters hoch. Um Zugang zu dem Portal zu erhalten, schließen Kreditor und Factor im Vorfeld einen Factoringvertrag ab.
Es gibt auch eine Factoringart, bei der die Käufer eine Vereinbarung mit dem Factor abschließen. Da es sich dabei um die umgekehrte Form des gängigen Forderungsankaufs handelt, wird diese Factoringart als Reverse Factoring bezeichnet.

Nachdem der Kreditor die Rechnung im Online Portal des Factoringanbieters hochgeladen hat, prüft der Factor die Rechnung auf Übereinstimmung mit den Vertragsbedingungen. Wenn alles in Ordnung ist, erhält der Kreditor innerhalb von 24–48 Stunden den größten Teil der Rechnungssumme ausgezahlt. Das Factoringunternehmen behält circa 10 %–20 % des Rechnungsbetrages zur Sicherheit ein. Wenn der Debitor am Fälligkeitstag der Rechnung ordnungsgemäß zahlt, überweist der Factor auch den Restbetrag an den Kreditor.

Forderungsverkauf
Wie läuft der Forderungsverkauf ab? – Bild: © snowing12 #333078705 – stock.adobe.com

Welche Factoringarten gibt es?

Die Factoringanbieter haben verschiedene Factoringarten entwickelt, damit sie jedem Kunden die passende Umsatzfinanzierung anbieten können. Die umfassendste Form ist das Full Service Factoring. Diese Factoringart bietet den Kreditoren die meisten Leistungen. Full Service Factoring beinhaltet diese Funktionen:

  • Finanzierungsfunktion: Der Factor finanziert Rechnungen mit Zahlungsziel vor.
  • Dienstleistungsfunktion: Die Mitarbeiter des Factoringanbieters übernehmen das Debitorenmanagement bis hin zum Mahnwesen und zur Einleitung von Inkassomaßnahmen gegen zahlungsunwillige Schuldner.
  • Delkrederefunktion: Im Rahmen der Delkrederefunktion trägt der Factoringanbieter das Ausfallrisiko bei einem Zahlungsausfall des Debitors. Damit handelt es sich beim Full Service Factoring um echtes Factoring. Beim unechten Factoring bleibt das Ausfallrisiko weiterhin beim Kreditor.

Offenes Factoring wird den Debitoren angezeigt. Dazu bringt der Verkäufer in der Regel einen Vermerk auf der Rechnung an. Die Kunden werden aufgefordert, bei Fälligkeit den Rechnungsbetrag an den Factor zu überweisen. Beim stillen Factoring erfahren die Käufer nichts von dem Forderungsverkauf.

Sie zahlen bei Erreichen des Zahlungsziels an den Verkäufer, der das Geld an den Factoringanbieter weiterleitet.

Während einige Unternehmen sämtliche offene Rechnungen an ein Factoringunternehmen verkaufen, entscheiden sich andere Kreditoren dazu, nur die Forderungen gegen bestimmte Debitoren oder Kundengruppen an den Factor weiterzugeben. In diesem Fall handelt es sich um Ausschnittsfactoring.

Wie wirkt sich Factoring auf die Finanzen eines Unternehmens aus?

Wenn ein Unternehmen offene Rechnungen an einen Factor verkauft, verkürzt sich dadurch die Bilanz des Verkäufers. Das bedeutet, dass die Forderung nicht mehr in der Bilanz erscheint und sich gleichzeitig die Eigenkapitalquote des Kreditors erhöht. Dadurch wird der Kreditor von Banken und Geschäftspartnern besser bewertet, was sich positiv auf Konditionen und Kreditzinsen auswirken kann.

Gleichzeitig muss der Verkäufer die Kosten für den Forderungsverkauf in seiner Finanzplanung berücksichtigen. Die Gesamtkosten setzen sich wie folgt zusammen:

  1. Gebühren für den Forderungsankauf. Die Höhe der Gebühren ist abhängig von der Factoringart und den Leistungen, die das gewählte Factoring beinhaltet.
  2. Zinsen für die Vorfinanzierung der offenen Rechnungen.
  3. Kosten für die regelmäßige Bonitätsprüfung der Debitoren.
Bilanz des Verkäufers
Wenn ein Unternehmen offene Rechnungen an einen Factor verkauft, verkürzt sich dadurch die Bilanz des Verkäufers – Bild: © Zerbor #296082962 – stock.adobe.com

Für wen eignet sich Factoring?

Factoring eignet sich nicht nur für große Firmen. Auch kleine und mittlere Unternehmen (KMU) können den Forderungsverkauf zur Umsatzfinanzierung nutzen. Die Factoringanbieter kaufen die offenen Rechnungen fast aller Branchen an. Es gibt nur wenige Ausnahmen wie Forderungen gegen Privatpersonen oder Werksverträge, die in der Regel nicht angekauft werden.

Für Unternehmen aus der Baubranche bieten einige Factoringunternehmen ein spezielles VOB-Factoring an. Die Abkürzung VOB steht für Leistungen nach der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen. Da die Auftraggeber häufig Mängel geltend machen und Nachbesserungen verlangen, gilt die Leistung als nicht endgültig erbracht. Das macht den Verkauf der offenen Rechnung schwierig und die Kreditoren müssen nach einem Factor suchen, der sich auf VOB-Factoring spezialisiert hat.