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Versicherungsbetrug in Deutschland: Milliardenschwere Täuschungen und ihre Folgen für Gesellschaft und Branche

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Versicherungsbetrug wird als schwerwiegende Straftat betrachtet, die gemäß § 263 des Strafgesetzbuches (StGB) als Betrug eingestuft wird. Dieser kriminelle Akt umfasst den Versuch des Versicherungsnehmers, durch Täuschung und/oder falsche Behauptungen unrechtmäßig finanzielle Leistungen von der Versicherungsgesellschaft zu erlangen.

Die Natur des Versicherungsbetrugs

Versicherungsbetrug kann in verschiedenen Formen auftreten. Beispielsweise vorgetäuschte Unfälle, fingierte Schäden oder das Übermitteln falscher Informationen über den tatsächlichen Umfang eines Vorfalls.

Diese betrügerischen Handlungen werden begangen, um finanziellen Gewinn zu erzielen.

Strafrechtlich, wird es als Betrugshandlung eingestuft.

Natur des Versicherungsbetrugs
Versicherungsbetrug kann in verschiedenen Formen auftreten – Bild: © Andrey Popov #493547137 – stock.adobe.com

Die Tragweite von Versicherungsbetrug in Deutschland

Versicherungsbetrug ist kein Kavaliersdelikt, es handelt sich um eine Straftat. Die aktuelle Studie des Softwareanbieters FRISS Fraudebestrijding B.V. für Risikoerkennung beleuchtet die häufigsten und ungewöhnlichsten Fälle des vergangenen Jahres.

Schwer messbar: Die Ausmaße von betrügerischen Handlungen in der Versicherungsbranche sind schwer genau zu beziffern. Gemäß dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) e. V. erleiden Verbraucher allein in Deutschland jährlich Schäden durch Betrug in Höhe von mindestens 5 Milliarden Euro.

Kreativität und Hartnäckigkeit sind bei Versicherern gefragt, da Betrüger ständig bestrebt sind, bestehende Systemlücken auszunutzen. Dies trägt dazu bei, dass der ehrliche Verbraucher mit erhöhten Versicherungskosten (fast 30%) rechnen muss.

Kreativität und Hartnäckigkeit wichtig bei Versicherern
Kreativität und Hartnäckigkeit sind bei Versicherern gefragt, da Betrüger ständig bestrebt sind, bestehende Systemlücken auszunutzen – Bild: © Prostock-studio #578691543 – stock.adobe.com

Häufige Betrugsversuche rund um Handys im Jahr 2021

Laut den Umfrageergebnissen der Studie waren Handyschäden, fingierte Einbruchdiebstähle, das „Passendmachen“ von Sachverhalten, das Anheben der Werte versicherter Gegenstände und das Verschweigen von Vorschäden die häufigsten Versicherungsbetrugsversuche im Jahr 2021.

Vorgetäuschte Todesfälle, selbst verursachte Unfälle und weitere kuriose Fälle

Zu den weniger gewöhnlichen Betrugsversuchen zählten inszenierte Todesfälle, die Einreichung von Schadensmeldungen nach dem Abschluss von Rechtsschutzverträgen für fiktive Personen sowie Betrugsfälle durch Vermittler. Die Befragten berichteten auch von Fällen, in denen Personen sich absichtlich selbst verletzten, beispielsweise durch das Abschneiden von Fingern, um Versicherungsansprüche geltend zu machen.
In anderen Fällen behaupteten Anspruchsteller, dass ihr Fahrzeug durch das Coronavirus verseucht sei, und verlangten die Kostenerstattung für eine vollständige Reinigung.

Selbst verursachte Unfälle
Vorgetäuschte Todesfälle, selbst verursachte Unfälle und weitere kuriose Fälle – Bild: © Monkey Business #273701982 – stock.adobe.com

Arten von Versicherungsbetrug

Selbst wenn ein rechtschaffener Verbraucher einen solchen Schadensfall meldet, wird vom Versicherer intensiv nachgeforscht.

Wichtig ist es den Versicherern diese Nachfrage nicht persönlich zu nehmen.

Am häufigsten anzutreffen sind diese 4 Varianten:

Übertriebene Schadensdarstellung

Eine besonders raffinierte Methode des Versicherungsbetrugs manifestiert sich durch die übertriebene Schadensdarstellung. In diesen Fällen neigen betrügerische Versicherungsnehmer dazu, den tatsächlichen Umfang des Schadens künstlich aufzublähen oder sogar gänzlich fiktive Schäden zu behaupten.
Dies kann beispielsweise die übermäßige Aufwertung des Wertes beschädigter Gegenstände oder die Inszenierung von Sachverhalten, die den Schaden größer erscheinen lassen, umfassen. Durch diese raffinierte Taktik versuchen Betrüger, größere Versicherungsauszahlungen zu erhalten, als ihnen tatsächlich zustehen.

Übertriebene Schadensdarstellung
Eine besonders raffinierte Methode des Versicherungsbetrugs manifestiert sich durch die übertriebene Schadensdarstellung – Bild: © fizkes #464920742 – stock.adobe.com

Übertriebene Einbruch- und Diebstahldarstellung

Außerdem zeigt sich eine subtile Form der Täuschung durch übertriebene Einbruch- und Diebstahldarstellung. In diesen betrügerischen Szenarien übertreiben Versicherungsnehmer den tatsächlichen Schaden, der durch einen Einbruch oder Diebstahl entstanden ist. Dies kann die bewusste Fingierung von gestohlenen Gegenständen oder die Übertreibung des Wertes der entwendeten Objekte einschließen.
Betrüger neigen dazu, die Umstände zu inszenieren, um den Schaden dramatischer erscheinen zu lassen, als er in Wirklichkeit ist.

Dieser raffinierte Ansatz zielt darauf ab, höhere Versicherungszahlungen zu erhalten, indem die Versicherer über den tatsächlichen finanziellen Verlust getäuscht werden.

Ein Beispiel: Ein Szenario betrifft einen vermeintlichen Kellereinbruch, bei dem eine wertvolle Rolex-Uhr angeblich gestohlen wurde.
Der Versicherungsnehmer gibt an, dass der Einbrecher auf mysteriöse Weise Zugang zur verschlossenen Kellertür erlangt habe und dabei exklusiv die teure Uhr mitgehen ließ. In Wirklichkeit handelt es sich jedoch um eine inszenierte Geschichte, bei der der Versicherungsnehmer den Wert der Uhr übertrieben hat, die Uhr nie gestohlen wurde oder die Uhr an erster Stelle gar nicht existierte.

Kfz Versicherungsbetrug – Statistik des GDV – jeder siebte Kfz-Schaden ist manipuliert

Laut dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) weisen etwa 14 Prozent aller Schadensfälle in der Kfz-Haftpflichtversicherung charakteristische Anzeichen von Manipulation auf.
Kathrin Jarosch, Pressesprecherin des GDV, erklärt, dass häufig das Ausmaß des tatsächlichen Schadens nachträglich vergrößert wird oder bereits bestehende Schäden erneut abgerechnet wird.

Zusätzlich dazu gibt es Unfälle, die im Voraus mit Bekannten abgesprochen, vortäuscht oder sogar vorsätzlich herbeigeführt werden. Eine besonders dreiste Praktik betrifft die sogenannten „Autobumser“. Diese Personen provozieren absichtlich Unfälle mit nichtsahnenden Fahrzeughaltern, um anschließend finanzielle Entschädigungen von den Versicherungen zu erhalten.

Der GDV berichtet, dass durch Versicherungsbetrug in der Schaden- und Unfallversicherung ein jährlicher Schaden von etwa vier bis fünf Milliarden Euro entsteht.

Kfz Versicherungsbetrug
Laut dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) weisen etwa 14 Prozent aller Schadensfälle in der Kfz-Haftpflichtversicherung charakteristische Anzeichen von Manipulation auf – Bild: © Nomad_Soul #294174135 – stock.adobe.com

Deep Dive: manipulierte Autounfälle

Das übliche Vorgehen beim Versicherungsbetrug folgt einem bekannten Muster: Im Falle eines Zusammenstoßes präsentiert der Betrüger der Kfz-Versicherung des Unfallgegners ein Gutachten, das die voraussichtlichen Reparaturkosten beziffert. Nachdem er das Geld erhalten hat, führt er nur provisorische Reparaturen durch. In kurzer Zeit inszeniert der Täter dann einen weiteren Autounfall und fordert von einem neuen Opfer erneut finanzielle Entschädigung.

Der Betrüger weist stets die Schuld dem Unfallgegner zu.

Da in der Regel unterschiedliche Versicherungsunternehmen involviert sind, bleibt das betrügerische Vorgehen oft über Jahre hinweg unbemerkt.

Indizien, die auf einen provozierten Unfall hindeuten

Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) und die Stiftung Warentest haben Hinweise gesammelt, die auf geplante Unfälle und Kfz-Versicherungsbetrug hinweisen. Sechs Warnsignale deuten darauf hin, dass Betrüger ihre Taktiken anwenden könnten:

  1. Gas geben: Oftmals fährt der Betrüger bei Aktionen wie Ausparken, Spurwechsel oder Linksabbiegen bewusst langsam, um dann im letzten Moment Vollgas zu geben. Das Unfallopfer hat dann keine Möglichkeit mehr, auszuweichen.
  2. Handzeichen: Der Betrüger signalisiert mit einem Handzeichen, dass er Vorfahrt gewährt, beschleunigt jedoch unerwartet. Später leugnet er die Handbewegung oder interpretiert den Vorfall so um, dass ihm die Vorfahrt genommen wurde.
  3. Versteck: Betrüger lauern gerne hinter Einkaufswagenhäuschen auf Supermarktparkplätzen, um plötzlich aus dem Versteck zu kommen und einen Unfall zu provozieren.
  4. Alleinfahrer: Insbesondere Fahrer, die alleine unterwegs sind, stehen im Fokus der Betrüger. Besonders gefährdet sind unerfahrene Fahranfänger sowie ältere und ortsfremde Personen, da sie leichter zu verunsichern sind.
  5. Unerwartete Zeugen: Unbekannte Personen erscheinen unerwartet und können den Unfallablauf bezeugen oder sogar psychologischen Druck ausüben.
  6. Gelassenes Verhalten: Nach dem Unfall zeigt der Betrüger eine ungewöhnliche Ruhe und Routine, als wäre ein Autounfall für ihn etwas Alltägliches, das ihn nicht aus der Fassung bringt.
Indizien die auf einen provozierten Unfall hindeuten
Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) und die Stiftung Warentest haben Hinweise gesammelt, die auf geplante Unfälle und Kfz-Versicherungsbetrug hinweisen – Bild: © Monkey Business #273702590 – stock.adobe.com

Das kaputte Handy – Haftpflichtversicherungsbetrug

Handys sind anfällig für Schäden, insbesondere wenn es um das zerbrechliche Display geht. Es ist jedoch wichtig zu wissen, dass die private Haftpflichtversicherung nicht einspringt, wenn man sein eigenes Handy beschädigt hat. Diese Versicherung greift nur, wenn man einem anderen einen Schaden zugefügt hat.

Versicherungsbetrüger nutzen jedoch einen raffinierten Trick, um den Schaden an ihren eigenen Handys ersetzt zu bekommen. Dabei behaupten sie, dass jemand anderes für die Beschädigung verantwortlich sei.

Die Strategie besteht darin, zu behaupten, dass eine andere Person, beispielsweise in einem öffentlichen Ort, das Handy beschädigt habe.

In diesem Szenario soll dann die Haftpflichtversicherung dieser vermeintlichen Verursacherin den Schaden begleichen.

Straftatbestand Versicherungsbetrug – welche rechtlichen Konsequenzen bestehen?

Versicherungsbetrug ist weitaus mehr als ein Kavaliersdelikt und kann für den Täter ernsthafte Konsequenzen nach sich ziehen – und das nicht nur in zivilrechtlicher Hinsicht, sondern auch strafrechtlich. Der Versicherungsbetrug gilt als sogenanntes Offizialdelikt, was bedeutet, dass die Polizei und Staatsanwaltschaft verpflichtet sind, aktiv zu werden, sobald ihnen der Betrugsfall bekannt wird. Bestätigt sich der Verdacht des Versicherungsbetrugs, stehen dem Täter empfindliche Strafen bevor.

Die möglichen Strafen für Versicherungsbetrug variieren je nach der Schwere des begangenen Delikts:

  • Leichter bis mittelschwerer Betrug: Geldstrafe
  • Schwerer Betrug: Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren
  • Besonders schwerer Betrug: Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren

Ab dem Zeitpunkt, an dem eine Geldstrafe von 91 Tagessätzen oder eine Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten verhängt wird, erfolgt die Eintragung des Versicherungsbetrugs im polizeilichen Führungszeugnis. Dies führt dazu, dass der verurteilte Betrüger als vorbestraft gilt.

Straftatbestand Versicherungsbetrug
Versicherungsbetrug ist weitaus mehr als ein Kavaliersdelikt und kann für den Täter ernsthafte Konsequenzen nach sich ziehen – und das nicht nur in zivilrechtlicher Hinsicht, sondern auch strafrechtlich – Bild: © Gerhard Seybert #53879091 – stock.adobe.com

Die Herausforderung von Versicherungsbetrug in Deutschland, ein signifikantes Beispiel aus München – Corona-Subventionsbetrugs 2023

Generell ist Versicherungsbetrug in Deutschland ein ernstzunehmendes Problem, das die Versicherungsprämien für alle Versicherungsnehmerinnen und -nehmer in die Höhe treibt. Es gibt eine Vielzahl von betrügerischen Handlungen, von vorgetäuschten Unfällen bis hin zu fingierten Krankheiten, die die Versicherungsbranche vor erhebliche Herausforderungen stellen. Im Kontext Münchens, als wirtschaftlichem Zentrum und einer Stadt mit einer florierenden Bevölkerung, hat sich diese Herausforderungen des Versicherungsbetrugs auf spezifische Weise in der Corona-Pandemie manifestiert.

Die Staatsanwaltschaft München bestätigte 2023 weitere Ermittlungen und Verfahren im Zusammenhang mit Corona-Subventionsbetrug, wobei Schadenssummen in Millionenhöhe im Fokus stehen.

Die Staatsanwaltschaft München führte das Verfahren gegen insgesamt 68 Beschuldigte, hauptsächlich aus München und Umgebung, mit dem Vorwurf bandenmäßigen Corona-Subventionsbetrugs durch. Ermittlungen ergaben, dass etwa 56 Millionen Euro beantragt wurden, wovon rund 20 Millionen Euro tatsächlich ausgezahlt wurden.

Ein typischer Fall von übertriebener Schadensdarstellung, nur dass diese, die bisher größte Schadenssumme darstellt, die es während der Pandemie in München je gab.

In solch einem Fall, wie in München, kann auch die Zusammenarbeit zwischen Versicherungsgesellschaften und einer Detektei dazu führen zur Aufklärung von Versicherungsbetrug beizutragen. Detekteien setzen dabei fortgeschrittene Ermittlungstechnologien und -methoden ein, um Verdachtsfälle zu überprüfen und Beweise zu sammeln, während Versicherer ihre Fachkenntnisse im Versicherungsbereich einbringen, um betrügerische Ansprüche zu identifizieren.

Fazit

Die Auswirkungen von Versicherungsbetrug erstrecken sich letzten Endes auf alle Versicherungsnehmer, da unberechtigte Zahlungen die Gesamtsumme erhöhen, die Versicherungsgesellschaften für ihre Schadensfälle aufbringen müssen. Infolgedessen kommt es zu pauschalen Erhöhungen der Tarife für alle Versicherten.
Schätzungen zufolge hat etwa jeder vierte Bürger im Laufe seines Lebens bereits falsche Angaben gegenüber seiner Versicherung gemacht. In Industrieländern geht man davon aus, dass etwa zehn Prozent aller Schadenmeldungen unberechtigt erfolgen.